Jona läuft weg

Jona 1 - 4

 

Als Jona eines Morgens aufwacht, ist er ganz durcheinander. War das Gott, heute Nacht? Er hört noch die Stimme, die zu ihm sprach: „Jona, geh nach Ninive! Sage den Menschen dort: Ihr seid so böse, dass es zum Himmel schreit. Darum wird Gott eure Stadt vernichten.“

Was soll er tun? Nach Ninive gehen? Nein, auf keinen Fall. „Ich will in die andere Richtung!“, sagt er, „ich fahre übers Meer, so weit, dass Gott mich nicht finden kann!“

Jona macht sich auf den Weg. Nach einigen Tagen kommt er ans Meer. In der Hafenstadt fragt er, ob ein Schiff nach Westen fährt. Dort, wo die Sonne untergeht, ist das Goldland; da will er hin. Endlich hat er eines gefunden. Er zahlt den Preis für die Überfahrt, dann steigt er hinunter in den Bauch des Schiffes und legt sich hin. „So! Jetzt kann Gott mich nicht mehr sehen!“, denkt er sehr zufrieden. Dann schläft er ein.

Das Schiff legt ab, Jona merkt es nicht. Er schläft. Er wacht nicht einmal auf, als sie in einen furchtbaren Sturm geraten. Das Meer tobt! Die Segel sind zerfetzt, und das Schiff wird von riesigen Wellen hin und her geworfen. Die Matrosen schreien vor Angst und rufen ihre Götter an. Sie werfen die kostbare Ladung über Bord, damit das Schiff leichter wird, aber das hilft nichts. Da fällt dem Kapitän sein Passagier ein. Was, der schläft? Er weckt ihn auf: „Rufe du zu deinem Gott, vielleicht kann der uns helfen!“ Inzwischen losen die Matrosen aus, wer an dem Unglück schuld ist. Es trifft Jona. „Wer bist du?“ „Ich bin ein Hebräer und fürchte Gott, der Himmel und Erde gemacht hat.“ „Und vor dem willst du weglaufen?!“ Sie rudern, was sie können, aber gegen den Sturm kommen sie nicht an. Da sagt Jona: „Werft mich ins Meer!“ Sie wollen nicht, aber er besteht darauf. So versinkt Jona in den tobenden Fluten.

Da sagt Gott zum Sturm: „Jetzt bist du still.“ Und er befiehlt einem großen Fisch: „Du bringst mir den Jona ans Land zurück!“ Und so geschieht es.

Jona geht nach Ninive

Drei Tage und drei Nächte war Jona im Bauch des Fisches. Er hat gebetet, Gott gelobt und ihm gedankt. Als er wieder zu Hause ist, spricht Gott zum zweiten Mal: „Jona, geh nach Ninive!“ Und jetzt tut er, was Gott gesagt hat.

Der Weg ist weit. Jona muss viele Tage wandern. Unterwegs hört er die Leute über Ninive reden: „Du kannst dir nicht vorstellen, wie reich die sind, und wie gemein zu den armen Leuten! Wegen einem Paar Schuhe verkaufen sie dich in die Sklaverei! Die Bauern, die dort auf den Markt müssen, kriegen fast nichts, und wenn sie ihre Schulden nicht zahlen können, darf der Händler ihnen alles wegnehmen, was sie haben!“ Jona hört noch viel mehr, und er wird immer zorniger. „Gott hat Recht, wenn er die bestrafen will“, sagt er sich.

Endlich ist er da. Wie riesig diese Stadt ist, und wie prächtig! Und es gibt viele Soldaten. „Die wissen ihren Reichtum zu schützen“, denkt er. Er sieht Männer und Frauen in wundervollen Gewändern, mit Gold und Edelsteinen geschmückt, die in Sänften sitzen und mit Peitschen auf ihre Träger einschlagen. Er sieht Kinder, die sich einen Spaß daraus machen, einen Blinden in den Dreck zu schubsen. Er sieht, wie eine dunkelhäutige Familie von einer johlenden Menge durch die Straßen gehetzt wird. Und er sieht die Elendshütten am Stadtrand, wo es viele Ratten gibt, und wo Kinder auf der Müllhalde nach etwas zu Essen suchen.

Dann fängt Jona an: „Noch vierzig Tage, dann wird Gott eure Stadt vernichten!“ Brüllendes Gelächter, und Männer kommen drohend auf ihn zu. Da wird es still: Der Minister des Königs! „Was ist hier los?“ Jona sagt es ihm. „Das muss der König erfahren“, erklärt der Minister.

Und der König befiehlt: „Alle sollen Buße tun! Ich tue es auch. Legt eure schönen Gewänder ab, fastet und betet! Es darf nichts Böses mehr geschehen. Vielleicht reut es Gott ja, und er verschont uns?“ Tatsächlich: Als Gott sieht, wie sich alle geändert haben, verschont er sie.

Jona hat genug

Kann das wirklich wahr sein? Jona versteht die Welt nicht mehr. Die ganze Stadt ist wie verwandelt. Noch nie hat er so fröhliche Gesichter gesehen, noch nie so viele Menschen singen hören. Er hatte zuschauen wollen, wie sie ihre verdiente Strafe bekamen, und jetzt das! So betet er zu Gott: „Siehst du, genau das hab ich mir gedacht! Deshalb bin ich davon gelaufen: Weil ich gewusst habe, dass du gnädig und barmherzig bist, geduldig und von großer Güte. Jetzt hab ich genug. Ich will nicht mehr. Bitte, Gott, lass mich sterben!“ Da sagt Gott zu ihm: „Jona, ich sehe, dass du zornig auf mich bist. Aber hast du denn ein Recht dazu?“

Jona will das nicht hören. Er geht zur Stadt hinaus. Auf einem Hügel baut er sich eine kleine Hütte. Dort will er abwarten, was mit der Stadt geschieht. Da sagt sich Gott: „Dem guten Jona muss ich wohl noch etwas klar machen.“ Er lässt neben der Hütte eine Pflanze mit großen Blättern wachsen. Jona freut sich sehr darüber: Jetzt kann er im Schatten sitzen, das ist gut. Am nächsten Morgen sagt Gott zu einem Wurm: „Friss die Wurzel der Pflanze ab, so dass sie verdorrt!“ Und er schickt einen sehr heißen Ostwind. Jona brennt die Sonne auf den Kopf, und jetzt reicht es ihm. Wirklich. „Ich will endlich sterben!“, schreit er. Da fragt ihn Gott: „Hast du denn ein Recht, wegen der Pflanze so wütend zu sein?“ „Und ob! Sie war das Einzige, was ich noch hatte, und jetzt ist sie auch weg! Ich habe das Leben satt.“

Da sagt Gott zu ihm: „Lieber Jona, du bist traurig wegen der Pflanze. Dabei hast du sie nicht gepflanzt und auch nicht groß gezogen. In einer Nacht ist sie gewachsen, dann ist sie wieder verwelkt. Und da sollte ich nicht traurig sein, wenn diese große Stadt zu Grunde gehen müsste? Da leben so viele Menschen, die nicht wissen, was rechts oder links ist, und da sind so viele Tiere. Sollen sie alle mir denn gleichgültig sein?“

 

Ja - was mag Jona wohl geantwortet haben? Was meinst du?